lange habe ich Euch diesen Bericht versprochen. Wie Ihr wisst, erzähle ich Euch gerne meine Erlebnisse. Trotzdem hab ich jetzt drei Jahre gebraucht, bis ich es schaffte dieses Kapitel aus meinem Leben mit Euch zu teilen.
Die Geschichte um Emils Ankunft habe ich an einem der ersten Tage daheim verfasst. Da waren die Erinnerungen noch frisch und trotzdem schon am verblassen. Die Erinnerung kann ja ein schamloser Lügner sein.
Ich lasse den Bericht so roh und unbearbeitet. Heute würde ich eventuell einiges umschreiben und ausformulieren, aber so spiegelt er Februar 2015 besser wieder.
Geburtsbericht Emil
Am 18. Februar 2015 hatte ich meinen letzten Termin bei meinem
Frauenarzt. Da Emil so groß war, riet er dazu, die Geburt am nächsten Tag einzuleiten.
Mein Arzt schätze Emil auf 4000g und hatte deshalb die Sorge,
dass Emil zu groß wird, sollte er noch länger in meinen Bauch verbleiben.
Am Morgen des 19. Februar ging es demnach los. Daheim machte
ich noch schnell ein paar letzte Bilder von meinem Emil-Bauch und dann fuhren
wir ins Krankenhaus. Ich war sehr aufgeregt, versuchte aber, mir nichts
anmerken zu lassen.
Im Kreissaal des Krankenhaus wurden wir herzlich von Hebamme
Connie begrüßt, die ich lustiger Weise aus einem Bauch-Beine-Po Kurs kannte. Als
erstes bekam ich diverse Zugänge gelegt und es wurde nochmals ein CTG
geschrieben.
Mit dem Kleinen war alles ok, also durften wir ins Cafe zum
Frühstücken.
Nach dem Frühstück wurde mir ein Wehen-Cocktail, bestehend
aus Sekt (Hurra! Alkohol), Orangensaft, Mandelmus und Rizinusöl verabreicht.
Anfangs fand ich den noch ganz lecker, aber gegen Ende wurde
mir ein bisschen übel.
Während ich also mit dem Cocktail kämpfte, richtete mein
Mann uns das Familienzimmer ein. Schon komisch: Neben meinem Bett stand das
Kinderbettchen und als ich es sah, wurde mir doch ein bisschen anders. In ein
paar Stunden war dieses Bettchen voll mit einem kleinen Menschen und der sollte
dann zu uns gehören. Aufregend!
Der Tag verlief dann mit regelmäßigen CTG schreiben und
kurzen Spaziergängen. Gegen 16 Uhr bekam ich dann Wehen, welche schon gut „nervten“,
aber auszuhalten waren.
Nachts wurden die Wehen jedoch so gemein, dass ich überlegte,
in den Kreißsaal zu wechseln. Allerdings ließen die Wehen dann gegen vier Uhr
morgens doch wieder nach.
Am nächsten Tag frühstückten wir dann auf der Station, und
ich konnte schon neidisch die kleine Tochter der Frau aus dem Zimmer
nebenan bewundern. Ich will auch!
Der Tag verlief erstmal wieder mit CTG und spazieren gehen.
Gegen elf Uhr wurde mir dann Gel vor den Muttermund gelegt und ich musste zwei
Stunden im Wehen-Zimmer bleiben. In dieser Zeit ging mein Mann heim, um nach
Haus, Hof und Hund zu schauen.
Die Wehen kamen dann auch zurück, waren aber immer noch gut
auszuhalten.
Gegen 16 Uhr wurden die Wehen stärker und mir wurde nochmals
Gel gelegt. Nach weiteren zwei Stunden durften wir aufs Zimmer. Dort musste ich
schon im Stehen die Wehen veratmen. Lange habe ich es im Zimmer nicht
ausgehalten, und es ging zurück in den Kreißsaal.
Dann wurde es so richtig witzig. Von 21.30 Uhr – bis ca 24.00
Uhr hatte ich einen Wehen-Sturm, also durchgehend Wehen, ohne Pause. Die
Schmerzen waren wirklich unglaublich gemein und dazu war mir noch furchtbar schlecht.
Zwischendurch bekam ich ein Schmerzmittel, welches bei mir leider keine Wirkung
zeigte. Zudem wurde mir per Tropf ein Wehen-Hemmer gelegt, welcher
Da ich (gefühlt) kurz vor dem Sterben war ;-), kam dann
gegen 1 Uhr der Anästhesist um mir eine PDA zu legen. In dieser Situation trotz
Wehen und Zittern ruhig zu bleiben, war wirklich nicht einfach. Nach dreimaligem
Stechen hatte er aber die richtige Stelle gefunden und ich wurde ab der Hüfte
pelzig.
Matthias, der Anästhesist: „Das ging ja super, sie haben toll
mitgearbeitet“,
worauf ich entgegnete: „Sie haben das aber auch klasse gemacht“.
Er: „Ich hab das auch nicht zum ersten Mal gemacht“. Meine Antwort: „Ich hatte
das schon vermutet“.
Als Matthias aus dem Zimmer war, kam mir ein unangenehmer
Gedanke. Wie bemerke ich, wenn ich Pipi muss? Ich hatte null Gefühl in der
Blase. Ich sprach das bei der Hebamme an, die daraufhin beschloss, mich direkt
„anzuzapfen“. Sie holte einen kleinen Katheter-Schlauch, führte ihn ein und
lies alles in eine Schale laufen. Super! Geht es noch erniedrigender? Man muss
dazu sagen, ich bin sehr empfindlich, was solche Dinge angeht.
Das Bett meines Mannes wurde ins Zimmer geschoben, so dass
wir ein bisschen schlafen konnten. Mitten in der Nacht wurde ich wach und hatte
leichte Panik. Das taube Gefühl war für mich sehr schwer zu verkraften. „Was
ist, wenn es hier brennt? Vergessen die mich einfach?“ Solche Gedanken und das
Unvermögen, mich richtig zu bewegen, haben mich echt wahnsinnig gemacht.
Gegen acht Uhr platze dann die Fruchtblase.
Das Bild hab ich gegen 9 Uhr morgens gemacht. Ziemlich genau 10 Stunden später war Emil auf der Welt |
Als nach meinem Klingeln die Hebamme kam, sagte ich: „Äh,
ich weiß jetzt nicht, ob ich gerade ins Bett gemacht habe oder ob meine
Fruchtblase geplatzt ist“
Mein Muttermund war da bei 4 cm und dann ging leider erstmal
bis 10 Uhr nichts weiter. Zudem rutschte Emil immer wieder aus meinem Becken
raus. Ich bekam einen Wehentropf und spürte einen starken Druck auf den Po. Die
Ansage war, wenn sich bis 11:30 Uhr nichts getan hat, dann holen wir ihn per Kaiserschnitt
L
Gegen 11:30 Uhr war dann die nächste Untersuchung. Muttermund
auf 8cm aber das Kind lag falsch L
Trotzdem setzte man mir nun eine Frist bis 18:30 Uhr.
Ich wurde mehrmals in der Hoffnung umgebettet, dass Emil
seinen Kopf in die richtige Position bringt.
Die Wehen setzten wieder ohne Pause ein, da die PDA nicht
mehr wirkte. Sie wurde zwar nachgespritzt, aber so richtig gemerkt habe ich das
nicht. Mein alter Freund, die Übelkeit, hatte sich auch wieder zu mir gesellt. Diesmal
so stark, dass ich tatsächlich brechen musste. Ich konnte Dirk gerade noch um
einen Spuckbeutel bitten, da ging es schon los (super, Schmerzen hatte ich
wieder, aber bewegen konnte ich mich noch nicht) Nachdem ich das Gefühl hatte,
dass aus all meinen Körperöffnungen irgendwas rauslief, bat ich meinen Mann,
mir einen Waschlappen und eine Zahnbürste zu bringen. Ich wollte mich zumindest
etwas „sauber“ fühlen.
In der Zwischenzeit wurde mir Blut genommen, um alles
bestens zu überwachen. Gegen 18 Uhr kam dann die Ärztin zur Untersuchung. Mein
Muttermund hatte sich entschlossen „Darauf habe ich keinen Bock mehr“ und
begann, sich zu schließen. Zudem waren meine Entzündungswerte gestiegen (ich
bekam per Tropf dann ein Antibiotikum) und ich hatte leichtes Fieber. Emil
hatte in der Zwischenzeit eine dicke Beule am Kopf, die man wohl gut ertasten
konnte, was die Geburt natürlich nicht vereinfacht hätte.
Nach all diesen nicht erfreulichen Nachrichten wurde dann
ein Machtwort gesprochen. Kaiserschnitt!
Mein Mann war natürlich gerade aus dem Zimmer gegangen, um
etwas zu Abend zu essen, als um mich rum alle hektisch wurden....
Wieder kam Matthias, der Anästhesist, belehrte mich nochmals
kurz und ab ging es in den OP. Ich hatte in der Zwischenzeit meinen Mann
angerufen, der noch vor dem OP warten musste, bis ich fertig war.
Ich wurde auf einen Tisch gelegt, meine Arme links und
rechts festgeschnallt (wie an einem Kreuz) und leicht schief gelagert.
Furchtbar.
Die Narkose wurde vorbereitet und an meinem Bauch wurde auch
rumgefummelt. Ich sagte quasi immer nur zwei Sätze.
„Ich kann sie da unten spüren“ (panische Angst, dass ich den
Schnitt spüren würde)
und
„Wo ist mein Mann?“ (panische Angst, ohne Dirk da durch zu
müssen)
Plötzlich kam ein weiterer Mann in grün. Ich sah nur eine
große Brille und dachte „Guuut, Dirk ist da!“ Als der Herr auf mich zukam und
sich als Dr. so und so vorstellte: “Wo ist mein Mann???“
Endlich kam Dirk und setzte sich an mein Kopfende. Da war er
gut aufgehoben und konnte, dank des Tuches, auch nichts sehen.
Er streichelte mich und der Anästhesist quasselte auf uns
ein (keine Ahnung, was er erzählt hat) als ich plötzlich hinter dem Vorhang
einen Schrei hörte....
Um die Ecke kam eine Schwester mit einem kleinen,
schmierigen und sehr empörten Emil!
Mir schossen direkt die Tränen in die Augen. Emil versteckte
sein Gesichtchen hinter seinen Händen, aber das kannten wir ja schon vom Ultraschall.
Er wurde uns kurz gezeigt und dann gaaaanz schnell
gewaschen. Sie brachten ihn gleich wieder und fragten, ob ich oder Dirk ihn
haben wollte. Natürlich wollte ich Emil spüren, also legte man mir das kleine
Bündel auf die Brust. Leider konnte ich das überhaupt nicht genießen. Mir war
wieder furchtbar schlecht und ich hatte Atemnot. Da ich befürchtete, spucken zu
müssen, nahm Dirk Emil und ging mit ihm ins Zimmer nebenan, während ich noch
genäht wurde. Ich war leicht panisch, weil ich fast keine Luft bekam. Der Arzt
sagte mir, das käme von der Narkose. Die Muskulatur, die zum Atmen notwendig
ist, wäre auch leicht „gelähmt“ das geht aber wieder vorbei. Na toll!
Als ich endlich zu meiner Familie durfte – ich weiß nicht,
wie lange das Nähen dauerte – bin immer wieder weggedriftet. Mein Kreislauf war
im Keller und ich habe so gefroren, dass beim Zittern richtig meine Zähne
aufeinander schlugen. Auch konnte ich keinen richtigen Satz sagen. Dirk und
Emil kuschelten zufrieden im Sessel, Dirk hatte sein Shirt ausgezogen und Emil
lag auf seinem nackten Bauch.
Da ich so zitterte, durfte ich Emil nicht haben. „Sie
zittern so, sie können ihn nicht halten“. Das war für mich schlimm! Wobei er
bei Dirk ja gut aufgehoben war.
Nach rund einer Stunde ging es aufs Zimmer. Das Bettchen,
über das ich mich bei unserer Ankunft so gefreut hatte, wurde an Dirks Seite
geschoben L
(ja, ich hatte bis dahin noch kein einziges mal Emil angelegt) auch die erste
Windel hat Dirk ihm, mit Hilfe der Nachtschwester, gewechselt. Ich lag im Bett
und konnte alles nur beobachten.
Am nächsten Morgen durfte ich mit Hilfe der Schwester
aufstehen. Sie sagte mir, wie ich es machen musste und schwupps stand ich neben
dem Bett. Erstaunt fragte sie:“Sie hatten aber schon gestern Abend erst den Kaiserschnitt,
oder?“ Ja! Ich hatte beschlossen, mich nicht unterkriegen zu lassen! Der
Kaiserschnitt hatte mir so viel genommen. Da wollte ich mir nicht auch noch die
ersten Tage nehmen lassen!
Unser Start war dann auch weiterhin sehr holprig. Mit dem
Stillen klappte es Null und Emil nahm immer weiter ab. Mit jedem Gramm, das er
verlor, hatte ich ein noch schlechteres Gewissen. Man beruhigte mich und sagte
mir, nach einem Kaiserschnitt wäre es normal, dass die Milch nicht gleich
einschießt und ich freute mich über jeden Tropfen Kolostrum, den ich Emil geben
konnte.
Da wir kein richtiges Bonding hatten, wurde auch das
nachgeholt. Emil gebadet und mir dann nackt und nass auf den Bauch gelegt. So
kuschelten wir dann bestimmt eine Stunde.
Nachts lag ich oftmals wach, beschaute unseren Sohn und
weinte.
Eines Nachts „erwischte“ mich dabei die Nachtschwester und
schimpfte mich lieb aus: „Sie müssen nachts schlafen und tagsüber essen (ich
hatte null Hunger), damit sie gute Milch machen können“ Sie verfrachtete Emil
kurzerhand in mein Bett, damit wir beim Kuscheln beide schön einschlafen
können.
Nach fünf Tagen durften wir dann heim. Das Stillen klappte
noch nicht so richtig und ich fühlte mich ein bisschen aus dem Nest gestoßen.
Wie, keine Nachtschwester, die kommt, um mich zu beruhigen oder mir zu zeigen,
wie ich was machen muss?
Was, der kleine Kerl kommt jetzt mit uns? J
Daheim angekommen warteten die Schwiegereltern und ein aufgeregter
Hund. Ich bin dann relativ früh mit Emil ins Bett gegangen. Als ich im Slip im Bad
stehe, merke ich, dass mir etwas auf die Füße und den Bauch tropft....die Milch
war eingeschossen. Wie die Schwestern sagten: „Wenn sie daheim sind, kommt
bestimmt die Milch.“ <3
Ich hab so für eine natürliche Geburt gekämpft (man war sehr
erstaunt, wie lange ich durchgehalten hab) und doch „verloren“. Ich hatte mich
so auf die Geburt gefreut, dass ich mich durch den Kaiserschnitt betrogen
fühlte. Es fühlte sich an, als hätte ich die Schwangerschaft nicht beendet. Sehr lange hatte ich mit diesem Trauma zu kämpfen.
Keine Kommentare
Kommentar veröffentlichen
Nur nicht schüchtern ;-) ich freue mich über Kommentare!